© KGV „Erzgebirgsblick“ e. V. Hohenstein-Ernstthal 2013 - 2021

Ist die kleingärtnerische Nutzung eine Erfindung der Neuzeit?


Nein – denn die kleingärtnerische Nutzung war schon immer ein entscheidendes Kriterium des Kleingartenwesens, wenn sie auch unterschiedlich bezeichnet wurde. Sie beinhaltete schon vor 1900 die gärtnerische Nutzung der Parzelle.  


Die „Kleingarten und Kleinpachtlandordnung vom 31. Juli 1919 (KGO)“, das zentrale Gesetz für das Kleingartenwesen (gültig in der BRD bis 1983 und in der DDR bis 1956) verweist in § 1 auf die nichterwerbsmäßige gärtnerische Nutzung. Die KGO bestimmte zwar nicht, was ein Kleingarten ist, es wurde letztlich der Anbau von Obst und Gemüse für den Eigenbedarf als entscheidend angesehen.


Der KGO folgten weitere zentrale Ausführungsbestimmungen und Erlasse sowie solche der Länder. Diese enthielten zwar keine gesetzliche Definition der „kleingärtnerischen Nutzung“, doch durch diese sowie durch Rechtsprechung und Gebrauch wurde darunter die Bewirtschaftung von Grund und Boden zur Gewinnung von Gartenfrüchten durch eigene Arbeit und für den eigenen Bedarf verstanden.


In der BRD galten die alten kleingartenrechtlichen Bestimmungen, ergänzt durch Ländererlasse und durch das „Gesetz zur Änderung und Ergänzung kleingartenrechtlicher Vorschriften“ (1963 und 1969) bis zum Erlass des BKleingG (1983).


In der DDR wurden mit der „VO zur Neuregelung des Kündigungsschutzes“ (1956) und mit der „VO über das Kleingarten und Siedlungswesen“ (1959) alle bis dahin erlassenen kleingartenrechtlichen Bestimmungen außer Kraft gesetzt.


Der Inhalt der kleingärtnerischen Nutzung wurde vor allem durch das ZGB der DDR (1975), die vom VKSK in Abstimmung mit den zuständigen Ministerien erlassenen „Grundsätze für die Einrichtung und Nutzung von Kleingartenanlagen, Kleingärten ...“ (1976, 1985), die Verordnung über Bevölkerungsbauwerke (1984 und 1989), die Bodennutzungsverordnung (1981) sowie durch die vom VKSK nach 1961 erlassenen Dokumente wie Kleingartenordnung und Pachtvertragsformulare geprägt, wonach die kleingärtnerische Bodennutzung den Anbau von Gemüse, Baum- und Beerenobst, Gewürz- und Zierpflanzen und die intensive Nutzung jedes m² Bodens umfasst.


Laut BKleingG dient ein Kleingarten dem Nutzer zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf.


Aber auch die Erholungsnutzung war in Ost wie in West stets (mehr oder minder vordergründig) mit der gärtnerischen Nutzung der Parzelle verbunden. Mit dem Urteil des BGH vom 17.06.2004 wird ein höchstrichterlicher Standpunkt über die kleingärtnerische Nutzung bezogen: Für die Anwendung des BKleingG wird eindeutig die Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf und zwar auf mindestens einem Drittel der Fläche verlangt, wobei es auf den Gesamtcharakter der Anlage und nicht der einzelnen Parzelle ankommt.


Die kompromisslose Bindung an die kleingärtnerische Nutzung, deren Kernpunkt immer die Art und Weise der Bodennutzung war (der alle übrige Nutzung unterzuordnen ist), ist also der Preis für die Inanspruchnahme des Schutzes, den das BKleingG den Kleingärtnern bietet, eines Schutzes, den ihnen kein anderes pachtrechtliches Nutzungsverhältnis je bieten kann.


Dr. Rudolf Trepte

zurück